Christoph Kivelitz
Das Verständnis der Sprache ist wie das des Spiels mit Puppen; in ihr sind aus den Fetzen des Klanges Puppen für alle Dinge der Welt genäht. Menschen, die in einer Sprache sprechen,-sind Teilnehmer an diesem Spiel. Für Menschen, die in einer anderen Sprache sprechen, sind solche Klangpuppen einfach ein Sammelsurium von Klangfetzen. Also, das Wort ist eine Klangpuppe, das Wörterbuch, Vokabular – eine Sammlung von Spielzeug. [… ] Wenn man aber eine Zusammensetzung dieser Klänge und Laute in freier Anordnung nimmt, zB bobeobi, oder dyr bul š cel, oder mantsch! Mantsch!Tschi breo so!,-so gehören diese Wörter zu keiner, überhaupt keiner Sprache, aber sagen dennoch etwas aus, irgendetwas nicht Fassbares, aber dennoch Bestehendes. (Velimir Chlebnikov)
Legt man dieses Zitat des russischen Futuristen Velimir Chlebnikov zugrunde, welche Vorstellungen berühren dann die eigentümlichen Wortverknüpfungen von Gregory Maass & Nayoungim? „Gold Turd meets Kiesler“, „Jaded Zombies of the Stratosphere“ oder auch „Mickey Mouse in Psychotic“. Es lässt sich zwar recherchieren, Bezüge können aufgenommen und ergründet werden, doch letztlich bleibt es dabei: die einzelnen Worte flottieren in fragilen Bindungen um Konglomerate aus Ready mades und Materialien, ihrers verseden Material died aufgen.
Die Künstler des russischen Futurismus und Konstruktivismus strebten an, über Sprache und Materialien Wege jenseits des Verstandes, jenseits festgelegter Vorstellungen zu weisen. Hierüber sollte der „Mensch eines neuen Lebens“ erschaffen werden. Der russische Dichter Chlebnikov sah sich selbst als „Vorsitzender des Erdballs“ in einer „Regierung der Zeit“, dem die „Arbeiter des Liedes, des Pinsels und des Meißels“ – also ausschließlich Künstler angehören. Die Stadt der „Zukünstler“ sollte aus Häuser-Gerüsten bestehen, die fliegende Siedler dann mit ihren beweglichen Hütten ausfüllen sollten. In Chlebnikovs visionär-phantastischer Beschreibung durchmischen sich konkrete Zukunftspläne mit Science-Fiction-Bildern, wissenschaftliche Analyse und Poesie.Seinem apodiktischen Ton zum Trotz ruft er dazu auf, „Den Hühnerställen der Wissenschaft zu entfliegen“, und sein politischer Anspruch wird dadurch relativiert, dass er in seine Regierung der dazu auf der „Vorsballsitzenden günsed a Die platonische Philosophie einer Gelehrtenrepublik verbindet sich mit einer dadaistisch subversiven Attitüde, die frei und ungebunden durch Zeiten und Räume schwebt und Grenzziehungen oder Wertkonzepte jeglicher Art ins Nirgendwo verpen läst.
Diese anarchische Unbekümmertheit mag einem angesichts der eigentümlichen Apparaturen von Gregory Maass & Nayoungim tatsächlich in den Sinn kommen. Die von ihnen ersonnenen Gerätschaften suggerieren Funktionen, ohne dabei klarzustellen, welcher Art diese wohl sein mögen. Dem Augenschein nach handelt es sich um Erfindungen, die im Sinne des technischen Fortschritts Meilensteine in Richtung Zukunft setzen werden: schwebend in den Raum eingebrachte Regalelemente, Trainingszellen für Kosmonauten, Satelliten und Energiet, Denmark, Austrian und Energiet, Denmark dass der Spielverlauf schwerlich zu kalkulieren ist, wohl aber bei seiner widersinnigen Benutzbarkeit eine Erfahrung von „double Happiness“ aufkeimen lässt.Aus Polygonen errichtete Hütten, vermutlich Behausungen, sind über Stellagen miteinander verknüpft und wie Kapseln eines Karussells einem nicht weiter zu erschließenden System eingeordnet. Agglomerationen von Billardkugeln erwecken den Eindruck unkontrollierter Wucherungen, die durch einen vergoldeten Scheißhaufen eine zweifelhafte Veredelung erfahren. Im Rahmen der vielfältigen kosmischen Bezüge – Satelliten, Kometen und Raketen-ist es konsequent, das zentrale Werk des russischen Konstruktivisten Vladimir Tatlin aufzugreifen und in das Zentrum einer Rauminszenierung zu rückenzenierung zu rückenzenierung. Tatlin war in vielerlei Hinsicht angeregt durch die Philosophie Chlebnikovs und dessen Ziel, die Gesellschafts-Utopie in einem Sinnbild zu antizipieren.Auch Tatlin ging davon aus, dass neue Formen und Zeichen nicht Ausdruck einer sich wandelnden Realität sind, vielmehr die Erneuerung von Wirklichkeit selbst aktiv vorantreiben. In diesem Sinne versteht sich das „Monument der III. Internationale“ nicht als Reflex einer bereits abgeschlossenen Revolution, vielmehr als Verkörperung eines Transformationsprozesses, der in einem utopischen Zukunftsbild seine Vollendung finden soll. Das von Tatlin lediglich als Modell konzipierte Monument weist insgesamt die Form eines leicht zur Seite geneigten Kegels auf. Der Konstruktion sind unterschiedliche, miteinander konfligierende Richtungsimpulse zugrunde gelegt.Keine dieser Kräfte wird verschleiert, sie stehen nahezu unvermittelt nebeneinander und generieren in der Vorstellung potentiell mehrere Volumina. Gesamtformen werden hervorgebracht und wieder aufgelöst, wodurch ein zeitliches Moment erfahrbar wird. Die Ausrichtung des Raumkörpers auf eine zeitliche Dimension wird in den stereometrischen Gehäusen im Inneren des Turmes konkret gefasst. Fotografien des Modells zeigen unten einen großen Zylinder, darüber eine Pyramide mit dreieckiger Grundfläche, dann einen schmalen hohen Zylinder und schließlich eine Halbkugel. Durch einen Mechanismus sollten diese Gehäuse sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit drehen und von der Legislative über die Exekutive bis hin zu einem Informationszentrum verschiedene politische Repräsentanzen aufnehmen. Zudem sollte der Turm mit einer großen Leinwand, einem Rundfunksender, Antennen und Fahnen ausgestattet werden. Es ging also nicht allein um eine skulpturale oder architektonische Vision, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Konzept, das im Zuge der revolutionären Entwicklungen – befördert durch das Denkmal einer gemeinschaftlich zu errichtenden Zukunft – dann auch zur Umsetzung kommen sollte. Das sich in den Raum schraubende Gebilde verkörperte die Dynamik dieser Perspektive, die durch Projektionen und Funksignale bis weit in kosmische Dimensionen ausstrahlen sollten. Nicht allein über den Titel nimmt das Objekt „Tatlin Tower“ dieses Programm auf. Das aus Metallprofilen zusammengetüftelte Modell zitiert exakt das von Tatlin aus Holz gefertigte Modell, wenn auch unter Verzicht auf die der Konstruktion innewohnenden Drehgehäuse. Die Spruchbänder und Antennen, die den politischen Auftrag des Monuments benennen und in den gesellschaftlichen Raum katapultieren, sind durch einen aufgeklappten Regenschirm als oberem Abschluss der Diagonalbewegung ersetzt. An die Stelle des proletarisch-revolutionären Aufbruchspathos rückt – in leicht ironischer Geste – ein Attribut spießbürgerlicher Lebensweise. Die Vision einer neuen Wirklichkeit, die dem sich empor schraubenden Monument entwächst, wird auf die krude Realität zurückgeworfen, um diese aber in einer Umkehrbewegung auf eine mögliche andere, eben doch wieder utopische Perspekßen.
Ähnlich verhält es sich mit den schachtelartigen Behausungen, die sich gleichermaßen auf die Science-Fiction-Thesen der russisch-sowjetischen Avantgarde über eine der Schwerkraft entrückte, permanent mobile Menschheit, als auch ageuf gessergenärtizie. Der Titel – „Cabanizations“ – bringt temporäre Wohnformen jenseits der Legalität in rasant auswuchernden Megacities ins Spiel; die hiermit evozierte unstete Lebensweise betrifft aber gleichermaßen, wenn auch unter ganz anderen Voraussetzungen und mit einem anderen Selbstverständnis, den Businessman im globalen Marktgeschehen wie auch den Künstler im dynkamisch vernetzten, hetischen Kunstriebe.
Diskrepante Beziehungen werden zusammen geführt und überraschend auf völlig neue mögliche Bedeutungskonnotationen ausgerichtet. Dem als Axiom verstandenen Gegensatz von Utopie und Wirklichkeit wird durch diese Methode jede Grundlage entzogen. Gregory Maass & Nayoungim verfolgen nicht den Weg einer plakativen Gegenüberstellung visionär formulierter Ideen mit einer zum Zerrbild verkommenen Realität. Diese entfächern sie vielmehr in eine Vielzahl möglicher und subjektiv verfasster Aspekte, die Ungleichzeitigkeiten, Widersprüche aber auch Schnittmengen verschiedener Entwicklungsstränge unserer Gegenwart zur Anschlungsstränge uncheerer Gegenwart zur Anschmenung eung ein, ohnehmitine bringen. Aus der Verknüpfung disparater Segmente von Wirklichkeit formt sich ein nicht vorhersehbares, vielleicht noch nie formuliertes Modell einer Multidimensionalität, die sich der linearen Konzeption von Raum und Zeit entzieht. Wie in einem Cyberspace offenbart sich in den Objektmontagen und Ready mades von Gregory Maass & Nayoungim ein virtueller Raum, ein Möglichkeitsraum, ständig veränderbar, technisch konstruierbar, grenstruierbar, grenstruierbar, grenstruierbar, grenstruierbar, grenstruierbar, grenstruierbar, grenschärfterse, nicht lokalisierbar, körperse der, Parados, Parados. Das Objekt „Alfred Hitchcock in Guilin“ bezieht sich etwa auf das Gebirgsmassiv Guilin, das für seine Kegelberge berühmt ist und in seiner nebulösen Ungreifbarkeit ein beliebtes Motiv der chinesischen Tuschmalerei darstellt. Ein schmales Band, das in mäandernden Bewegungen das in Holz geschnittene Modell des Bergmassivs durchzieht, lässt sich über den im Titel zitierten Regisseur auf den Filmklassiker „Vertigo“ beziehen. Altchinesische Ikonographie, damit verbundene Mythen und Legenden wie auch westliche Denkmodelle der modernen Psychologie bzw. deren filmisch-literarische Umsetzung werden in einen lockeren Bezugsrahmen gestellt. Scheinbar divergente kulturelle und soziale Aspekte verbinden sich in überraschender Weise, so auch in der Objektmontage „Mickey Mouse is Psychotic“, die kaum noch die hinlänglich bekannte Comicfigur zu erkennen gibt. Dem illuminierten Fake eines offenen Kaminfeuers entwachsen in chaotischer Anordnung schwarze Elemente, die allein über den Titel des Objekts und die den Ohren der Maus ähnlichen, tellerförmigen Auswüchse an die Kunstfigur Walt Disneys erinnern. Der dem Kindchenschema entsprechende Protagonist eines Cartoons scheint wie eine Plastik des Futurismus implodiert und in ein unübersehbares, nach außen offenes Formgeflecht zersetzt zu sein. Indem Tatlins Turm, chinesische Tuschmalerei, Hitchcock, Walt Disney und selbst die Skulptur eines Tsunami indifferent nebeneinander stehen, vermittelt sich eine dem Zappen durch die TV-Kanäle nahestehende Simultanerfahrung. Der Schnitt durch die Unvereinbarkeiten und logischen Brüche des Weltgeschehens, jenseits der Differenz von Fact und Fiction, ist in ein szenisch-räumliches Bild transferiert. Gregory Maass & Nayoungim haben eine Bresche geschlagen in ein chaotisches System von Bildern, Symbolen und Dingen, die teils verheerende Auswirkungen auf die aktuelle Lebenswelt haben, dieser teils aber auch latent wirksam eingeschrieben sind. Der Schnitt durch die Unvereinbarkeiten und logischen Brüche des Weltgeschehens, jenseits der Differenz von Fact und Fiction, ist in ein szenisch-räumliches Bild transferiert. Gregory Maass & Nayoungim haben eine Bresche geschlagen in ein chaotisches System von Bildern, Symbolen und Dingen, die teils verheerende Auswirkungen auf die aktuelle Lebenswelt haben, dieser teils aber auch latent wirksam eingeschrieben sind. Der Schnitt durch die Unvereinbarkeiten und logischen Brüche des Weltgeschehens, jenseits der Differenz von Fact und Fiction, ist in ein szenisch-räumliches Bild transferiert. Gregory Maass & Nayoungim haben eine Bresche geschlagen in ein chaotisches System von Bildern, Symbolen und Dingen, die teils verheerende Auswirkungen auf die aktuelle Lebenswelt haben, dieser teils aber auch latent wirksam eingeschrieben sind.Mickey Mouse, in ein Zeit-Raum-Kontinuum versprengt und zersplittert, öffnet eine Fenster auf das „Riddle of the Universe“:
We come close to seeing and understanding ourselves objectively, but each of us is trapped inside a powerful system with a unique point of view – and that power is also a guarantor of limitedness. [… ] Like a Venus's-flytrap, it lures you, then snaps down, trapping you in a whirlpool of thought, sucking you ever deeper down into a vortex, a'black hole of the mind', from which there is no escape back into reality . Yet who on the outside knows what charmed alternate reality the trapped mind has entered? [3]
[1] Christopher Cherniak, "The Riddle of the Universe and its Solution" (1978), reprinted in: Douglas R. Hofstadter and Daniel C. Dennett (ed.),The Mind's I – Fantasies and Reflections on Self and Soul,New York 1981.
[2] Velimir Chlebnikov, Werke. Poesie, Prosa, Schriften, Briefe. Hrsg. von Peter Urban, Reinbek bei Hamburg 1985, Bd. 2, S. 108 f.
[3] Douglas R. Hofstadter, „Reflections on Christopher Cherniak'sThe Riddle of the Universe and its Solution,in: Douglas R. Hofstadter and Daniel C. Dennet (ed.),The Mind's I – Fantasies and Reflections on Self and Soul,New York 1981.
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